Finger weg! Teuerstes Handy der Welt bei Selfridges in London:
Nichts für viele Briten, die hoch verschuldet sind. Foto: almDiese Briten. Als ich neu war in London, zierte sich meine Bank damit, mir ein Konto zu eröffnen.
Die Begründung: "Wir kennen Sie nicht. Sie könnten auch ein Außerirdischer sein. Was sollen wir denn mit Ihrem Arbeitsvertrag? Zeigen Sie lieber Ihre Wasserrechnung..." und so weiter. Dann klappte es doch, und ich half mit meinem bescheidenen Einkommen den Jungs in der City of
London unwissentlich dabei, die Welt in einen globalen Finanzwahnsinn zu stürzen.
Meine Bank schaffte es, in der Krise sechs Milliarden Pfund zu verdienen (wie bloß?). Jetzt schickt
sie mir Briefe mit der Aufforderung, phantastische Kredite aufzunehmen. Oder mir wenigstens eine platinglänzende Kreditkarte zuzulegen, mit der man so schön Schulden machen kann. Solche
Briefe landen bei mir in der Mülltonne. In anderen Haushalten auf der Insel jedoch nicht.
Es war auf dem Parteitag der Tories in Manchester. Ich verrate hier ein Geheimnis: Englische Parteitage fangen um 7.30 Uhr an und enden um Mitternacht. Als Korrespondent übersteht man das nur, wenn man weiß, auf welchen "Fringe-Meetings" (Diskussionsveranstaltungen im Rahmenprogramm) es was zu essen gibt. Darum ging ich am Ende eines arbeitsreichen Tages zum "Bier-und-Curry-Empfang" der RSPCA. Das ist die Königliche Gesellschaft für den Schutz der Tiere vor Grausamkeit (der Menschen, glaube ich). Das Curry von den gewaltlos hingeschiedenen Hühnern war in Ordnung. Satt und durch Budweiser gestärkt, wurde mein Tischnachbar redselig. Der dünne Brillenträger Phil im teurem Anzug sah langweilig aus, doch er hatte
Spannendes zu erzählen.
"Ich bringe den Leuten bei, wie man mit Geld umgeht", sagte er und strahlte. Ich wurde hellhörig. Phil versammelt britische Jugendliche und klärt sie über Tücken der platinfarbenen Kreditkarten auf, über Urlaube auf Pump und teure HD-Fernseher, von denen man als armer Student die Finger lassen sollte. "Die Briten leben auf einem privaten Schuldenberg von 1,4 Milliarden Pfund, der alle sieben Minuten um eine Million wächst. Wir müssen die Kids aufklären, damit das aufhört", sagte Phil. "In Deutschland machen das die Eltern", sagte ich. Er lächelte bitter: "Hier kommen die Kinder nach unserem Unterricht nach Hause und sagen: ,Daddy, fang' endlich an zu sparen".
Dieser Mann war ein Genie. Und ich verließ den Parteitag mit dem guten Gefühl, dass die junge Generation eines Tages das Königreich vor dem Bankrott bewahren wird.
P.S. Als die Finanzkrise ausbrach, reagierte Ihre Majestät ungehalten. „Es ist schrecklich“, sagte vorwurfsvoll die Queen. „Warum hat das niemand vorhersehen können?“ Dabei musste die Königin 2008 ihre Spardose um sechs Millionen Pfund plündern, um die ausufernden Palastkosten zu decken. Hoffentlich werden die Prinzen Harry und William finanzielle Genügsamkeit lernen. Frei nach dem Beatles-Motto: "For I don't care too much for money, For money can't buy me love".
