Olympia-Radrennen in London. Fotos: Cordelia MakartsevAlles ist schön. Seit der schrägen und bildgewaltigen, selbstironischen und ergreifenden Eröffnungsfeier schwelgen die Briten in ihrem heiteren Olympia-Rausch. Zwar ächzt London unter der Last der 500 000 Besucher und Teilnehmer der Spiele. Doch der befürchtete Verkehrskollaps blieb aus. Die Militärs an den Raketenluftabwehr-Batterien auf den Wohnhausdächern drehen Däumchen. Die Sportstätten sind gut gefüllt – naja, bis auf die reservierten, gähnend leeren Reihen mancher Sponsoren und Funktionäre, die sich als Sportmuffel erwiesen haben. Alles ist bestens. Bis auf die Medaillen der Gastgeber der Spiele, die zunächst mit sportlichen Höhenflügen des „Team GB“ nicht gerade verwöhnt wurden.
Bis gestern Nachmittag hieß es: Olympia-Helden dringend gesucht! Dann raste aber eine kleine, schmale, aber extrem motivierte und willensstarke Frau 140 Kilometer weit als Zweite ins Ziel des Straßen-Radrennens. Als die Briten die Silbermedaille um den Hals der 23-jährigen Lizzy Armitstead aus Yorkshire sahen, war ein kollektiver Seufzer der Erleichterung zu hören. Lizzy ist ein aufgehender Stern des Königreichs. Ich war dabei, als sie im Londoner Richmond Park mit der Favoritin Marianne Vos aus den Niederlanden und der Russin Olga Zabelinskaya kämpfte. Es war ein unvergessliches… und sehr feuchtes Erlebnis.
Der Autor, verkleidet als Fan des "Team GB". Noch regnet es nicht...Wir standen im Platzregen. Über unseren Köpfen donnerte es. Weiße Blitze oben im Himmel, Blaulichtgewitter der vielen Polizeiautos auf der Strecke. Die Engländer hatten natürlich Regenschirme mit. Ich nicht. Doch es waren nicht nur Engländer da, an der Absperrung standen auch Amerikaner, Neuseeländer, Südafrikaner, Deutsche – so wie es sich für das multikulturelle London gehört. Viele hatten Kinder mit. Die fröhlichen Polizisten auf den dicken Motorrädern klatschten im Vorbeifahren mit uns ab. Alles war sehr gut organisiert, und die Stimmung trotz der kalten Dusche war prächtig. Sie wurde noch besser als wir Lizzie sahen. Sie war ganz vorne.
So ein Radrennen ist für einen Zuschauer schnell vorbei. Ein Augenzwinkern – und weg sind sie. Ich packte rasch meine durchnässten Sachen und radelte nach Hause, um Lizzies Silber-Triumph in Zeitlupe im Fernsehen zu erleben. Die freiwilligen Helfer harrten stoisch im Regen aus. Sie mussten noch die Absperrungen im Park wegräumen. An dieser Stelle möchte ich mich bei diesen netten, selbstlosen Menschen bedanken. Ohne sie wäre kein Olympia in London möglich.